Die VWL-Klausur

Diese Aufgaben waren im Februar 2013 Teil einer Klausur im Rahmen des Studiengangs Global Business Management (GBM) der Universität Augsburg. Sie wurden von Prof. Dr. Udo Broll gestellt. Bearbeitungszeit der Gesamtklausur: 90 Minuten.

Aufgaben

 

Aufgabe 1: (allgemeine Fragen)
a) Was bedeuten „positive Analyse“ und „normative Analyse“ einer makroökonomischen Untersuchung?
b) Nennen Sie kurz die Vor- und Nachteile einer Währungsunion.
c) Wodurch unterscheiden sich Bruttoinlandsprodukt (BIP) und Nettonationaleinkommen (NNE)?
d) In einer Volkswirtschaft werden zwei Güter hergestellt. Die Daten für 2002 und 2012 lauten:

  2002 2012
Gut 1 (verkaufte Stückzahl) 10.000 12.000
Gut 2 (verkaufte Stückzahl) 6.000 10.000
Preis für Gut 1 (in Euro) 1,0 1,2
Preis für Gut 2 (in Euro) 2,0 2,5

 

Das Basisjahr ist 2002.
(i) Ermitteln Sie die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate des nominalen Brutto-inlandsprodukts (BIP) zwischen 2002 und 2012.
(ii) Wie groß ist das reale BIP im Jahr 2012?
e) In einer Volkswirtschaft betragen (in realen Größen) der private Konsum 3.200, die Investitionsausgaben 1.500, der Staatsverbrauch 1.300, die Importe 1.200 und die Exporte 1.000. Wie groß ist das reale BIP?

Aufgabe 2: (Güter- und Geldmärkte)
a) Nennen Sie mindestens einen Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften, der einen wichtigen Beitrag zur Makroökonomie geleistet hat.
b) Die empirische Makroökonomie bedient sich häufig der Regressionsanalyse. Erklären Sie kurz diese Methode.
c) Eine empirisch geschätzte gesamtwirtschaftliche Konsumfunktion ist C = 200 + 0,80(Y – T), mit Y = BIP und T = Steuern. Wie lautet die zugehörige volkswirtschaftliche Sparfunktion?
d) Der Realzins entspricht (näherungsweise) dem Nominalzins abzüglich der (erwarteten) Inflationsrate. Welcher Zinssatz spielt für die Investitionen I und die Liquiditätsnachfrage Md in der Volkswirtschaft eine relevante Rolle?
e) Die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) unterscheidet zwischen Strom- und Bestandsgrößen. Nennen Sie Beispiele für beides.
f) Die Steueraufkommensfunktion ist T = tY. Die Investitionsausgaben I und der Staatsverbrauch G sind konstant, der Konsum C = C(Y – T) hängt vom verfügbaren Einkommen ab. Internationale Wirtschaftsbeziehungen spielen hier keine Rolle. Ermitteln Sie zunächst allgemein den Einkommensmultiplikator für eine Erhöhung der Staatsausgaben. Die marginale Konsumneigung ist 0,8 und der marginale Steuersatz 0,25. Wie groß ist dann der Einkommensmultiplikator?
g) Gegeben ist ein Geldmarkt mit Geschäftsbanken. CU ist die Bargeldmenge, R die Reservehaltung der Geschäftsbanken und D die Sichteinlagen des Publikums. Die Daten (Mrd. Euro) lauten: CU = 600, R = 150, D = 1.200.
(i) Wie groß ist die Geldmenge in der Volkswirtschaft?
(ii) Bestimmen Sie den Geldschöpfungsmultiplikator und erklären Sie, was er für die Geldpolitik bedeutet.
h) Ein privater Haushalt verfügt über ein Finanzvermögen von 50.000 Euro, das jährliche Einkommen beträgt 60.000 Euro. Die Geldnachfragefunktion lautet Md = PY(0,35 – i). Leiten Sie die Nachfrage nach Wertpapieren (Bonds) ab.

Daran hättest du denken müssen

 

Aufgabe 1:
a) Eine normative Analyse enthält Werturteile. Eine positive Analyse versucht, makro-ökonomische Phänomene zu beschreiben und zu erklären.
b) In einer Währungsunion herrschen zwischen der Mitgliedsländern feste Wechselkurse. Die Vorteile: kein Wechselkursrisiko, keine Transaktionskosten, verstärkter Wettbewerb aufgrund höherer Markttransparenz. Die Nachteile: Die Mitgliedsländer können keine autonome Geldpolitik betreiben, weshalb Arbeitnehmer und Unternehmer die Anpassungslasten bei makroökonomischen Schocks tragen müssen; Wechselkursänderungen als wirtschaftspolitisches Instrument sind nicht mehr möglich.
c) Das Inlandsprodukt gibt das erwirtschaftete Einkommen unter Mitwirkung von Ausländern an (Inlandskonzept). Das Nationaleinkommen misst das ausschließlich von Inländern erwirtschaftete Einkommen (Inländerkonzept).
d) (i) Die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate beträgt sechs Prozent. (ii) Das reale BIP lautet 32.000.
e) Für das BIP gilt: Y = C + I + G + Ex – Im = 5800 (Nettoexporte: -200).

Aufgabe 2:
a) Robert Lucas (1995), Robert Mundell (1999), Edmund Phelps (2006) und Thomas Sargent (2011).
b) Die Volkswirtschaftslehre bedient sich der (linearen) Regressionsanalyse von Zeitreihen, um beispielsweise den empirischen Zusammenhang zwischen verfügbarem Einkommen und Konsum zu bestimmen. Schwankungen der Beobachtungswerte des Konsums C sollen durch die Beobachtungswerte verfügbares Einkommen Y – T erklärt werden.
c) Die Konsumfunktion lautet: S = –200 + 0,20(Y – T).
d) Die Realinvestitionen werden vom Realzins beeinflusst. Die Geldhaltung ist abhängig von den Opportunitätskosten der Geldhaltung, d.h. der Nominalzins bestimmt die Liquiditätsnachfrage.
e) Das Einkommen ist eine Stromgröße, die Staatsschuldenstand eine Bestandsgröße. Die Neuverschuldung des Staates ist eine Stromgröße, ebenso die Ersparnis.
f) Der allgemeine Multiplikator lautet: 1/[1 – C´(Y – T)(1 – t)]. Der Multiplikator mit konkreten Werten für Konsumneigung und Steuern ist 2,5. Eine Erhöhung der exogenen Ausgaben steigert über seine Rückwirkungen im volkswirtschaftlichen Kreislauf das Einkommen um ein Vielfaches.
g) (i) Geldmenge M = CU + D = 1.800 Geldeinheiten,
(ii) Geldschöpfungsmultiplikator 1/[0,3 + 0,125(1 – 0,3)] mit CU/M = 0,3; R/D = 0,125. Der Geldschöpfungsmultiplikator beschreibt den Zusammenhang zwischen der gesamten Geldmenge und dem Zentralbankgeld.
h) Finanzvermögen = Md + Bd. Bei Berücksichtigung der Liquiditätsnachfrage und den Werten für Vermögen und Einkommen ergibt sich: Bd = 39.000 + 60.000i.

Mögliche Fehlerquellen

 

Der allgemeine Einkommensmultiplikator für eine Ausgabenerhöhung verlangt eine partielle Ableitung der Konsumfunktion.

Literatur

 

Blanchard, O./Illing, G.: Makroökonomie. 5. Aufl., München 2009.
Felderer, B./Homburg, S.: Makroökonomik und neue Makroökonomik. 9. Aufl., Berlin 2005.
Forster, J./Klüh, U./Sauer, S.: Übungen zur Makroökonomie. 3. Aufl., München 2009.