Berufsreport Marketing und Vertrieb
Die Ein- und Aufstiegschancen im Marketing und Vertrieb sind so gut wie in kaum einem anderen Bereich. Jedes Jahr sind hunderttausende Stellen zu besetzen.
Robert arbeitet als Sales Consultant für einen Hersteller von Spezialmaschinen. Die Auftragslage ist gut, denn Präzisionstechnik made in Germany ist weltweit begehrt. Dennoch verkaufen sich die hochkomplizierten Geräte nicht von allein. Robert ist viel unterwegs, um neue Aufträge an Land zu ziehen und die Altkunden bei Laune zu halten. Viele kennt er, seit er bei der Firma angefangen hat. Sie erwarten, dass man sich um sie kümmert und über das Marktgeschehen auf dem Laufenden hält. Zu den meisten hat er einen guten Draht, man kennt und versteht sich. Robert sieht sich eher als Berater denn als Verkäufer. Sales Consultant trifft es also recht gut.
Nicht nur im B2B-Bereich (Business-to-Business) hat sich der Vertrieb in den letzten Jahren gewandelt. Weil die Kunden durch das Internet immer besser informiert sind, werden Verkäufern andere Qualitäten abverlangt als noch vor 10, 20 Jahren. Es geht nicht mehr darum, sein Gegenüber totzuquatschen. Gefragt sind stattdessen Kundenversteher mit emotionaler Intelligenz.
P&C
Wer sich in der Modewelt etwas auskennt, weiß: Das Düsseldorfer Bekleidungshaus Peek & Cloppenburg gehört seit über hundert Jahren zu den Top-Adressen in puncto Fashion — deutschland- und europaweit. Im schnelllebigen Mode-Business mit seinen ständig wechselnden Kollektionen keine Selbstverständlichkeit.
Auch beim Recruiting setzt P&C immer wieder neue Akzente. Beispielsweise mit dem Junior Traineeprogramm, dem Einzigen seiner Art in ganz Deutschland. Das Besondere daran: Die Teilnehmer müssen nicht bis zum Ende ihres Studiums warten, sondern steigen bereits als Studenten ein — und haben dadurch später einen Startvorteil.
Bereits ab dem dritten Semester kann man sich bewerben. Die Teilnehmer müssen sich zunächst im Verkauf bewähren. Ist diese Vorlaufphase überstanden, beginnt das eigentliche Programm, eine Mischung aus Seminaren und Praxiseinsätzen, die sich gegenseitig befruchten. Nach dem Programm können die Junior-Trainees zwischen einem Einstieg als Abteilungsleiter oder als Merchandise Controller wählen — die erste Stufe auf dem Weg zum Store Manager beziehungsweise zum Retail Buyer im Einkauf.
Wer erst gegen Ende seines Studiums auf den (Mode)Geschmack kommt, kann sich für die „normalen“ Traineeprogramme von P&C bewerben. Sie finden im Einkauf, im Verkauf oder in der Zentrale statt und dauern 18 Monate. Danach steht einer Karriere als Einkäufer, Store Manager oder Associate Manager — etwa im Controlling, Marketing oder Supply Chain Management — nichts mehr im Wege.
Diese neue Verkäufer-Kunde-Beziehung schlägt sich in Berufsbezeichnungen wie Sales Consultant, Customer Relationship Manager oder auch Affiliate Manager nieder, bei denen die Pflege der Kundenbeziehung im Vordergrund steht. Natürlich geht es auch beim Consultative Selling — andere Ausdrücke sind Value Selling oder Solution Selling — letztlich darum, etwas zu verkaufen. Doch das geschieht nicht mehr auf hemdsärmlige Art, sondern indem man sich in den Kunden hineinversetzt: Was sind seine Bedürfnisse? Welchen Nutzen könnte er aus meinem Produkt ziehen? Kann ein Verkauf in eine langfristige Kundenbeziehung münden?
Das heißt nicht, dass der gute alte Handelsvertreter, der mit Sprach- und Wortwitz auf Verkaufstour geht, ausgedient hat. Solche geborenen Verkäufer wird es stets geben. Doch selbst im Direktvertrieb haben sich die Zeiten geändert. So finden Haustürgeschäfte immer weniger statt, stattdessen werden die Kunden — Stichwort Social Selling — zu Verkaufspartys eingeladen, die sich trotz E-Commerce großer Beliebtheit erfreuen. Laut dem Bundesverband Direktvertrieb finden bereits zwei Drittel aller Direktverkäufe auf solchen Veranstaltungen statt.
Man muss also keine ausgesprochene Plaudertasche sein, um im Vertrieb Erfolg zu haben, sondern ein Kommunikator, der gut zuhören kann und nicht den Abschluss um jeden Preis sucht, sondern die langfristige Zusammenarbeit mit dem Kunden. Und diese Partnerschaft will gehegt und gepflegt sein. Wichtig sind deshalb — Stichwort After Sales Management — ein exzellenter Service und andere Zusatzleistungen, auch um sich von der Konkurrenz abzuheben. Bei Investitionsgütern geht das bis zur ausführlichen Beratung bei Marketing- und Finanzierungsfragen. Aus dem Vertriebsmitarbeiter wird dann schnell ein Customer Relationship Manager.
Ein weiterer Trend im Vertrieb heißt Customer Experience Management (CEM). Auch hier ist das Ziel eine möglichst dauerhafte Bindung des Kunden. Angesichts der zahlreichen Möglichkeiten, die sich den Konsumenten heute bieten — der nächste Point-of-Sale ist oft nur einen Mausklick entfernt —, kein leichtes Unterfangen. Während beim Customer Relationship Management (CRM) der Kunden in den Mittelpunkt der Bemühungen gestellt wird, geht CEM noch einen Schritt weiter: Der gesamte Marketing- und Verkaufsprozess wird mit den Augen des Kunden betrachtet, dem man während der Customer Jour-ney — damit sind alle Berührungspunkte mit einem Kunden bis zu seiner Kaufentscheidung gemeint — möglichst viele positive Erlebnisse vermitteln will. Damit soll er auch emotional ans Unternehmen gebunden werden.
Will man Konzepte wie CRM, CEM oder das One-to-One-Marketing, bei dem es um individuelle Kundenansprache mithilfe von Data Mining geht, erfolgreich umsetzen, bedarf es versierter Mitarbeiter, die nicht nur über betriebswirtschaftliches und das notwendige technische Wissen verfügen, sondern auch rhetorisch und psychologisch geschult sind. Daher wundert es nicht, dass Vertriebsjobs immer öfter ein Studium voraussetzen, das all diese Kenntnisse vermittelt. Im Marketing sind Akademiker ohnehin in der Überzahl.
Simon-Kucher & Partners
Consultant sein und im Marketing arbeiten — für viele eine Traumvor-stellung. Vielleicht wird sie ja eines Tages Wirklichkeit und man zählt zu den über 1.000 Mitarbeitern von Simon-Kucher & Partners. So wie Philipp Biermann, der einst in St. Gallen BWL studierte und seit sieben Jahren Partner bei der bekannten Unternehmensberatung ist.
Eines Ihrer Themen ist auch Pricing. Beispielsweise wird es im Supermarkt bald elektronische Schilder geben, wodurch sich die Preise permanent ändern lassen. Verliert der Verbraucher da nicht das Gefühl, was ein Produkt üblicherweise kostet?
Biermann: Ich sehe eher den Vorteil, dass die Preise jederzeit an die Nachfrage und andere Faktoren angepasst werden können, was Anbietern und Verbrauchern nützt. Nehmen Sie Obst, das in Kürze aus den Regalen genommen werden müsste und so noch rasch zum Schnäppchenpreis angeboten werden kann und nicht im Abfall landet.
Jedenfalls ist Pricing heute ein facettenreiches Gebiet.
Biermann: Wozu auch das Internet mit dem E-Commerce und den vielen Vergleichsplattformen beigetragen hat. So lässt sich zu jedem Zeitpunkt ein adäquater Preis bilden und schnell vom Verbraucher finden.
Doch der Konsument muss damit rechnen, dass er ein Produkt oder eine Dienstleistung fünf Minuten später vielleicht um einiges billiger bekommen hätte.
Biermann: Oder er hatte Glück und hat es so billig bekommen, wie es später nicht mehr angeboten wird. Man muss sich als Verbraucher also ständig informieren und mitdenken, wann der günstigste Kaufzeitpunkt sein könnte.
Preispolitik und Preisstrategien, die es auch im B2B-Bereich gibt, gehören zu Ihrem täglichen Brot.
Biermann: Ja, beide sind neben anderen Marketingthemen und Vertrieb die Beratungschwerpunkte.
Marketing ist ja unverändert das Lieblingsfach vieler Wirtschaftsstudenten.
Biermann: Wobei manche nur an coole Werbekampagnen mit Hollywoodstars denken und sich im Geiste schon bei Filmaufnahmen in der Karibik sehen. Während Marketing vor allem sehr datengetrieben ist und damit viel empirisches und analytisches Arbeiten bedeutet.
Haben bei Ihnen nur Bewerber mit dem Studienschwerpunkt Marketing eine Chance?
Biermann: Sie werden sich wundern, aber viele unserer Mitarbeiter haben alles andere als Marketing studiert.
Zum Beispiel?
Biermann: Wirtschaftsinformatik, Informatik, Wirtschaftsingenieurwesen, Mathematik, Psychologie oder andere Fächer. Es kommt also nicht darauf an, was einer weiß. Ob er oder sie etwa die 4P des Marketing herunterbeten kann. Wobei das sicher nicht schadet. Entscheidender ist jedoch das Potenzial, das jemand hat. Ob er neugierig, offen, geistig flexibel und kreativ ist. Ob er strukturiert und logisch denken kann. Das sind die Fähigkeiten, auf die es im Beraterberuf in erster Linie ankommt.
Begeisterung fürs Marketing sollte aber auch dabei sein.
Biermann: Auf jeden Fall. Auch mich, der schon viele Jahre dabei ist, fasziniert das Thema immer aufs Neue. Nicht zuletzt, weil es laufend neue Herausforderungen gibt. Deshalb: Wer sich fürs Marketing und fürs Consulting begeistert, dem kann ich nur raten: Give it a try!
An den Hochschulen wird der Vertrieb allerdings bis heute etwas stiefmütterlich behandelt. Während es in Deutschland über 200 Marketing-Lehrstühle gibt, sucht man Lehrstühle, die sich explizit mit Vertriebsaufgaben befassen, meist vergeblich. Entsprechend dünn gesät sind Vertriebsstudiengänge. Zu den wenigen Ausnahmen gehört die Hochschule Heilbronn, wo man in sieben Semestern einen Bachelor in Management und Vertrieb erwerben kann. An der Hochschule der Wirtschaft für Management in Mannheim ist ein Studium Beratung und Vertriebsmana-gement möglich. Und in Furtwangen — offenbar liegt der Vertrieb den Hochschulen im Südwesten der Republik ganz besonders am Herzen — gibt es ein Studium namens Marketing und Vertrieb, das mit dem Bachelor of Science abgeschlossen wird.
An einer Reihe von Hochschulen ist darüber hinaus ein BWL-Studium mit Vertrieb als Schwerpunktfach möglich. Meist ist dann von Marketing & Vertrieb die Rede. Dass sich der Vertrieb so oft hinter dem Marketing verstecken muss, kommt nicht von ungefähr. Marketing klingt irgendwie glamouröser und nicht so sehr nach harter Arbeit. Es scheint auch weniger mit Verkaufen zu tun zu haben — etwas, über das viele BWLer, denen eine Karriere als Produktmanager oder Brand Manager vorschwebt, manchmal noch die Nase rümpfen.
Oft ist die Überraschung nach dem Studium dann groß, wenn man — statt neue Werbestrategien zu entwickeln — Kunden akquirieren und Konditionen aushandeln muss. Denn die meisten Jobs finden sich traditionell im Vertrieb: Das Verhältnis zu den reinen Marketingjobs liegt bei etwa 3:1. Laut Adecco Stellenindex waren im vergangenen Jahr mehr als 383.000 offene Stellen im Vertrieb zu besetzen. Im Bereich Marketing, PR und Werbung waren es knapp 123.000. Damit landet der Vertrieb unter allen Berufsgruppen auf dem zweiten Platz. Nur Techniker und Ingenieure wurden noch häufiger gesucht.
Für alle, bei denen es mit dem Traumjob im Marketing nicht geklappt hat, gibt es jedoch eine frohe Botschaft: Die Grenzen zwischen Marketing und Vertrieb verwischen immer mehr. Wer etwa im Vertrieb zum Bereichs- oder Gebietsleiter aufsteigt, hat nicht nur Führungsverantwortung für mehrere Mitarbeiter, sondern meist auch zusätzliche Kompetenzen, etwa bei der Preisgestaltung und Distributionsplanung. Auf diese Weise wird aus dem Außendienstler ein Marketing-Experte, der bei der Umsetzung der Marketing-Strategie ein gewichtiges Wörtchen mitzureden hat. Es kommt sogar vor, dass er Marktforschungsaufgaben übernimmt.
Längst sind Traineeprogramme, mit denen Unternehmen den Nachwuchs auf die Übernahme von Führungsaufgaben vorbereiten, deshalb nicht mehr auf das Marketing begrenzt. Es gibt Einstiegspositionen für Sales- und Vertriebstrainees und für Junior Sales und Junior Account Manager. In Branchen, in denen man dem Marketing und Vertrieb schon immer große Aufmerksamkeit geschenkt hat, können Einsteiger sogar zwischen mehreren Programmen wählen. So haben einige Handels- und Konsumgüterunternehmen Spezialprogramme für Cross Channel Marketing, Category Management oder Key Account Management aufgelegt.
Ein weiteres Argument, das für das Berufsfeld Marketing und Vertrieb spricht, ist die oftmals überdurchschnittliche Bezahlung. Einer Studie der Personal- und Managementberatung Kienbaum zufolge sind die Gehälter in Marketing und Vertrieb 2015/16 um durchschnittlich 2,6 Prozent gestiegen. Führungskräfte kommen jetzt auf ein Jahressalär von 113.000 Euro, während Spezialisten mit 73.000 Euro und Sachbearbeiter mit 49.000 Euro kalkulieren können.
HPP Strategie- und Marketingberatung
Münster ist einer ihrer beiden Studienorte, doch sie lernten sich erst bei HPP in Frankfurt kennen: Marlene Löffler und Claudia Reichelt. Die eine ist Senior Consultant, die andere Praktikantin. Was sie verbindet, ist ihre Begeisterung für Marketing und Consulting.
Frau Reichelt, Sie sind Praktikantin bei HPP. Wird es nach Ihrem Master auch in Richtung Marketing gehen?
Reichelt: Das kann ich mir gut vorstellen. Zuvor werde ich aber noch ein Praktikum in London machen und meine Masterarbeit schreiben.
Wie kamen Sie zu HPP?
Reichelt: Auf einer Jobmesse in Münster suchte ich den Kontakt zu HPP. Nach intensivem Gespräch mit einem der Partner bewarb ich mich dann für ein Praktikum.
Marketing ist also Ihre Leidenschaft?
Reichelt: Definitiv. Es hat mich bereits zu Beginn des Bachelor-Studiums fasziniert. Deshalb habe ich auch den Studienschwerpunkt Marketing im Master-Studium gewählt.
Frau Löffler, Sie sind Senior Consultant bei HPP. Diese Frage muss man Ihnen wohl nicht stellen.
Löffler: Da haben Sie recht. Zu Marketing und Vertrieb kommt allerdings noch die Begeisterung fürs Consulting. Zusammen eine sehr spannende Kombination.
Wie muss man sich die Arbeit in einer Strategie-, Marketing- und Vertriebsberatung vorstellen?
Löffler: Typische Themen sind etwa Geschäftsfeld- und Vertriebsstrategien, Markenpositionierungen oder die Operationalisierung der Strategien über die 7P des Marketing Mix. Gemeinsam mit den Kunden erarbeiten wir dann eine individuelle Lösung.
Was fasziniert Sie an der Beratungstätigkeit?
Löffler: Sie ist sehr vielfältig. Man kann Zukunftsthemen mitgestalten und hat direkten Einfluss auf das Produkt- und Markenerlebnis bei den Endkunden. Häufig begleiten wir die Kunden von der ersten Idee bis zur Implementierung. Wenn ich dann sehe, wie meine Arbeit erfolgreich umgesetzt wird, motiviert mich das sehr.
Wird man als junger Consultant gleich in Projekte eingebunden?
Löffler: Ja. Damit lernt man von Anfang an von erfahrenen Beratern, erhält Einblick in ihre Arbeit und sammelt erste Erfahrungen mit Kunden. Außerdem wächst das Team so schnell zusammen, was uns sehr wichtig ist.
Reichelt: Das kann ich nur bestätigen. Deshalb finde ich es sehr gut, dass man auch schon als Praktikant bei Projekten mitarbeiten darf. So kann man herausfinden, ob die Branche und der Beruf etwas für einen sind.
Hat sich HPP auf bestimmte Branchen spezialisiert?
Löffler: Zu unseren Kunden zählen renommierte Unternehmen, vor allem aus der Autoindustrie und der Telekommunikationsbranche, aber auch aus der Luft- und Raumfahrt.
Was sollte man mitbringen, um ein erfolgreicher Berater zu werden?
Löffler: Wichtig sind analytisches und konzeptionelles Denken, Kundenorientierung und Teamfähigkeit. Der Studienschwerpunkt Marketing wird ebenso gern gesehen wie Interesse an den Branchen, die wir vorwiegend beraten. Wer das mitbringt und Verantwortung übernehmen möchte, dem stehen bei HPP alle Türen offen.
Diese Zahlen sind — wie gesagt — Durchschnittswerte. Mit zunehmender Berufserfahrung kann es auch deutlich mehr werden. So haben Führungskräfte mit mehr als 20 Jahren Erfahrung laut Kienbaum 142.000 Euro im Säckel, während es bei den jüngeren Kollegen mit drei bis sechs Jahren Erfahrung 82.000 Euro sind. Auch auf der Ebene der Spezialisten zahlt sich Berufserfahrung aus. Hier reicht das Spektrum von 45.000 bis 90.000 Euro.
Zwei weitere wichtige Einflussfaktoren sind die Unternehmensgröße und der Bildungsabschluss. Führungskräfte im Vertrieb, die promoviert haben, erzielen ein Gehalt von durchschnittlich 137.000 Euro, während es die Kollegen mit Bachelor-Abschluss auf 109.000 Euro bringen. Wer nicht studiert hat, kommt „nur“ auf 101.000 Euro.
Ein Studium zahlt sich also auf alle Fälle aus. Dies wird auch durch eine Studie der Jobbörse Stepstone bestätigt, wonach Akademiker im Vertrieb 30 Prozent mehr nach Hause bringen als jene ohne Hochschulabschluss. Untersucht wurde zudem, welche Branchen ihre Vertriebler am besten bezahlen. Ganz vorn liegt die Pharmaindustrie, dann kommen die Chemiebranche und die Autoindustrie, gefolgt vom Maschinen- und Anlagenbau und den Versicherungen.
Letztere sind für ihren hohen Anteil an Mitarbeitern bekannt, die im Außendienst oder als selbständige Agenturinhaber den vorhandenen Kundenstamm betreuen und Neukunden akquirieren. Eine Tätigkeit, die viele mit hohem Leistungsdruck und einer unsicheren Existenz verbinden. Die Realität sieht jedoch anders aus: Zwar werden über 90 Prozent der Außendienstler variabel vergütet. Unterm Strich macht die leistungsabhängige Bezahlung aber nicht einmal ein Fünftel ihrer Gesamtbezüge aus. Die Boni sorgen jedoch dafür, dass die meisten deutlich besser verdienen als ihre Kollegen im Vertriebsinnendienst und in den übrigen Abteilungen der Firma.
So kommen Außendienstmitarbeiter mit Hochschulabschluss und bis zu zwei Jahren Berufserfahrung auf ein Jahresgehalt von 49.000 Euro, wie die Jobbörse Absolventa errechnet hat. Sind es mehr als zehn Jahre, erhöht sich das Einkommen auf knapp 73.000 Euro. Anders als in anderen Wirtschaftsbereichen steigen auch Berufsneulinge hoch ein: Bei einem Bachelor-Abschluss liegt das durch-schnittliche Einstiegsgehalt bei über 48.000 Euro, bei einem Master-Abschluss bei rund 52.000 Euro.
Doch der Außendienst hat noch mehr zu bieten als ein gutes Gehalt: Kaum ein Beruf genießt so viele Freiheiten bei gleichzeitig so guten Aufstiegschancen. Wer seine Zeit geschickt einteilt, kann sich auch schon mal früher ins Wochenende verabschieden oder seinen Urlaub um ein paar Tage verlängern. Die perfekte Lösung für alle, die keine Lust auf einen langweiligen Nine-to-Five-Job haben oder aus anderen Gründen — etwa weil sie eine Familie gegründet haben — beruflich kürzer treten wollen. Oder man macht sich gleich selbständig, beispielsweise als freier Handelsvertreter nach § 84 HGB, wie es viele Versicherungsvermittler und Finanzberater tun.
Die meisten Unternehmen bereiten ihren Außendienstnachwuchs außerdem sorgfältig auf seine Tätigkeit vor. Schließlich ist es in ihrem ureigenen Interesse, dass die Kunden gut beraten werden und keinen schlechten Eindruck bekommen. Man muss als Anfänger also keine Sorge haben, allein gelassen zu werden. Unternehmen wie die Allianz oder die Finanzberatung MLP betreiben eigene Akademien oder eine Corporate University, die viel Erfahrung beim Vermitteln der notwendigen Kenntnisse — wozu auch viele Soft Skills gehören — haben.
Eine andere Möglichkeit, seine Faszination für Marketing und Vertrieb im Berufsleben umzusetzen, sind Unternehmensberatungen, die sich auf diese Gebiete spezialisiert haben. Dieses Berufsfeld ist vor allem etwas für Absolventen, die gern analytisch und konzeptionell arbeiten und Strategien entwickeln. Consultingfirmen wie Simon-Kucher, Homburg & Partner oder HPP bieten ihren Klienten umfassende Beratungsleistungen — von der passenden Marketingstrategie über Preismanagement, die Optimierung von Vertriebsprozessen bis hin zum Vertriebscontrolling. Manchmal auch die Schulung von Vertriebsmitarbeitern. Da Marketing eine zentrale Funktion fast jedes Unternehmens ist, bieten auch die großen internationalen Beratungen wie McKinsey, Bain oder Strategy& in diesen Bereichen ihre Dienste an.
Allen, die sich bereits im Studium für Marktanalysen und Wettbewerbsstrategien begeistert haben, eröffnet sich hier ein hochinteressantes Tätigkeitsfeld, das zudem den Vorteil hat, dass es meistens um neue Chancen und Wachstum geht — und in der Regel nicht um Kostensenkung und Downsizing. Man kommt als Berater also eher selten in die Verlegenheit, dem Management zum Verkauf oder der Schließung einzelner Unternehmensteile zu raten.
Doch gleichgültig ob Consultant, Produktmanager oder Regionalverkaufsleiter auf dem Wunschzettel steht: Man sollte beizeiten durch ein Praktikum oder eine andere praktische Tätigkeit — etwa als Werkstudent — überprüfen, ob der angestrebte Beruf tatsächlich etwas für einen ist. Damit man nicht nach ein paar Jahren im Job feststellen muss, dass man seine Interessen falsch eingeschätzt hat. Abgesehen davon achten auch in dieser Branche alle Unternehmen darauf, dass die Bewerber Praktika gemacht haben. Ohne sie verringern sich die Chancen.
Während sich die meisten einen Marketingjob mehr oder weniger gut vorstellen können, vor allem wenn sie bei Praktika erlebt haben, dass der Vertrieb oft eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt, muss man bei reinen Vertriebspositionen aufpassen, dass man — wie bereits angesprochen — nicht auf alte Klischees hereinfällt. Wahr ist jedoch auch: Nicht jeder wird hier glücklich werden. Wer geregelte Arbeitszeiten und einen wohl strukturierten Arbeitstag schätzt, nicht gern reist und genervt ist, wenn das Telefon klingelt und einen Kunden mit Fragen löchern, wer Smalltalk für Zeitverschwendung hält und stattdessen froh ist, wenn man ihn in Ruhe seine Arbeit machen lässt, ist im Vertrieb und insbesondere im Außendienst fehl am Platz.
Ob einem der Vertrieb liegt, lässt sich leicht herausfinden, indem man sich Fragen wie diese beantwortet: Macht es einem Freude, Dinge zu erklären und zu verkaufen und dabei intensiv mit anderen zu kommunizieren, zu handeln, vielleicht auch gelegentlich mal zu feilschen? Gehört man zu denjenigen, die schon als Schüler ihr Verkaufstalent unter Beweis stellten, indem sie sich auf Flohmärkten tummelten, auf Messen oder in Call Center jobbten? Kommt man mit hektischer Atmosphäre gut zurecht und hat man die Geduld, auch unentschlossenen Kunden freundlich und zuvorkommend zu begegnen? Dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass man zu denen gehört, denen Verkäuferblut durch die Adern fließt.
Wer im Marketing und Vertrieb arbeitet, hat meist auch gute Aufstiegs-chancen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass vor allem der Vertrieb in vielen Firmen das Herzstück ist und man hier durch gute Leistungen rasch auf sich aufmerksam machen kann. Studien zeigen, dass zwei von fünf Top-Managern im Vertrieb oder Marketing begonnen haben. Denn wer gut verkaufen kann, hat den Kern der Wirtschaft verstanden und kann andere überzeugen.