Studienreport Wirtschaftspsychologie

Die Psyche ist immer dabei

Obwohl er immer stärker unter Beschuss gerät, geistert der Homo oeconomicus nach wie vor in den Köpfen vieler Ökonomen herum. Kritisiert wird dieser fiktive Modellmensch, weil ihm ein Verhalten unterstellt wird, das beim realen Menschen nur selten zu beobachten ist: Der Homo oeconomicus handelt immer „rational“ in dem Sinne, dass er stets Kosten und Nutzen aller nur denkbaren Alternativen abwägt, um auf diesem Weg zu einer Entscheidung zu gelangen, die ihm den größten Nutzen bringt.

Jeder weiß aus eigener Erfahrung, dass der Homo oeconomicus reine Theorie ist. Niemand verhält sich immer nur egoistisch, und selbst in Situationen, in denen man nur auf den eigenen Vorteil bedacht ist, fällt man meist keine rationale Entscheidung. Etwa weil es zu mühsam oder unmöglich ist, sich alle dazu nötigen Informationen zu beschaffen, oder weil man auf das Versprechen eines vermeintlich seriösen Beraters hereinfällt. Oder — ein häufiger Fall — weil einem das Unterbewusstsein mal wieder ein Schnippchen geschlagen hat. Die Liste, warum sich Menschen in der Regel nicht wie der Homo oeconomicus, also nicht rational verhalten, lässt sich beliebig fortsetzen. Menschen sind nun mal keine Roboter, die einfach nur Algorithmen abarbeiten.

Um die Frage, wie sich Menschen — sei es als Konsumenten, Investoren oder Arbeitnehmer — im wirtschaftlichen Kontext verhalten, geht es bei der Wirtschaftspsychologie. Wie der Name sagt, bewegt das Fach an der Schnittstelle von Wirtschaft und Psychologie. An einigen Hochschulen ist es ein eigenständiges Studienfach. Wer sich beruflich in diese Richtung entwickeln möchte, kann übrigens auch Psychologie mit dem Schwerpunkt „Arbeits- und Organisationspsychologie“ oder „Wirtschaftspsychologie“ studieren. Ein Unterschied zwischen diesen Varianten ist, dass Psychologie nur an Unis angeboten wird und man nur mit einer sehr guten Abiturnote an einen der begehrten Studienplätze kommt. Während Wirtschaftspsychologie — bzw. Business Psychology, wie das Fach ebenfalls genannt wird — auch an Fachhochschulen gelehrt wird.

Wirtschaftspsychologen haben viele Berufsmöglichkeiten. Beispielsweise im Personalwesen. Dort bereiten sie etwa Assessment Center vor und beobachten anschließend, wie sich die Teilnehmer verhalten. Die Aufgabe kann auch darin bestehen, die Arbeitsorganisation und -abläufe so zu gestalten, dass die Mitarbeiterzufriedenheit hoch und die Gefahr, dass es zu unnötigen Belastungen und Burnouts kommt, gering ist. Außerdem sind Coaching, Motivationstrainings und Führungskräfteentwicklung das Metier von Wirtschaftspsychologen im Personalwesen.

Auch in der Werbung und Kommunikation werden Wirtschaftspsychologen gebraucht. Dort befassen sie sich etwa mit der Frage, mit welchen Verpackungen und Werbebotschaften sich Produkte besonders gut verkaufen lassen. Ein wichtiges Betätigungsfeld im Marketing ist außerdem die Marktforschung.

Personal- und Unternehmensberatungen sind auch an Wirtschaftspsychologen interessiert. Sie werden als Consultant im Human Resource Management, im Marketing und bei der Aufbau- und Ablauforganisation tätig. Daneben gibt es die Möglichkeit, sich nach einigen Jahren Berufserfahrung selbständig zu machen und beispielsweise im Auftrag von Unternehmen Mitarbeiterseminare oder Workshops durchzuführen.

So vielfältig wie die Berufsbilder für Wirtschaftspsychologen sind auch die Studienangebote. Als Interessent hat man die Wahl zwischen Uni und FH, staatlichen und privaten Hochschulen, verschiedenen Studienschwerpunkten und Vertiefungsrichtungen, zwischen berufsbegleitenden und Vollzeitstudiengängen. Und natürlich zwischen Bachelor- und Master-Programmen.

An der SRH Fernhochschule — The Mobile University kann man „Wirtschaftspsychologie, Leadership & Management“ studieren. Lies das Interview mit Prof. Lars Jansen. Weiter ...

An der privaten FOM Hochschule für Oekonomie & Management werden ein Bachelor- und ein Master-Programm für angehende Wirtschaftspsychologen angeboten. Das Studium erfolgt berufsbegleitend. In dem sieben Semester dauernden Bachelor-Studiengang Betriebswirtschaft und Wirtschaftspsychologie erwirbt man zu etwa gleichen Teilen betriebswirtschaftliches und psychologisches Wissen. Ab dem fünften Semester entscheiden sich die Studenten für eine Vertiefungsrichtung. Zur Wahl stehen Marketing und Vertrieb, Personal, Führung und Change sowie Personalentwicklung und Gesundheitspsychologie. Im vierten Semester wird ein empirisches Projekt absolviert, bei dem es um psychologische Erhebungen und Experimente geht. Der viersemestrige Master-Studiengang Wirtschaftspsychologie der FOM wird mit den Vertiefungen Personalentwicklung, Organisationsgestaltung sowie Werbung und Kommunikation angeboten.

Beratung kann vieles sein. Beim berufsbegleitenden Master­programm „Coaching, Organisationsberatung und Supervision“ der UNIKIMS in Kassel geht es um Beratung in der Arbeitswelt, erläu­tert die Psychologin und Studien­gangsleiterin Prof. Heidi Möller. Weiter ...

An der FU Berlin ist das Studium für angehende Wirtschaftspsychologen anders organisiert. Das Bachelor-Studium ist für alle Psychologiestudenten gleich, erst im Master-Studium trennen sich die Wege. Wer sich für Wirtschaft interessiert, macht den Master in Psychologie mit Schwerpunkt Sozial-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie. Bei diesem viersemestrigen Studium kann man zwei der Module Personal-, Organisations- sowie Sozial- und Wirtschaftspsychologie wählen.

Die SRH Hochschule Berlin bietet das Bachelor-Studium Internationale Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Wirtschaftspsychologie an. Das auf sechs Semester angelegte Programm kostet 700 Euro pro Monat. Wer im Sommersemester anfängt, hat die Möglichkeit, am Auslandskompetenzmodell teilzunehmen: Nach dem ersten Studienjahr verbringen die Studenten ein Semester im Ausland, um während eines Praktikums, eines Studiums oder einer Reise ihre Persönlichkeit weiterzuentwickeln. Im Master-Studiengang Wirtschaftspsychologie mit dem Schwerpunkt Personalpsychologie und -management werden die Studenten auf eine spätere Tätigkeit in Personalabteilungen oder als Personalberater vorbereitet.

Duale Studiengänge, bei denen man in einem Unternehmen arbeitet und parallel an einer Hochschule studiert, sind in den letzten Jahren sehr in Mode gekommen. Im Fach Wirtschaftspsychologie ist das duale Modell jedoch eher ungewöhnlich. Einer der wenigen Anbieter ist die Hochschule für angewandtes Management. Die Berufsausbildung absolviert man in einem der Partnerunternehmen der Hochschule, während das Bachelor-Studium in Wirtschaftspsychologie eine Mischung aus Präsenz- und Fernstudium ist. Das wirtschaftspsychologische Master-Studium wird dort als Teilzeitprogramm angeboten.

An der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft kann man das duale Bachelor-Studium Medien- und Wirtschaftspsychologie in acht Semestern absolvieren. Die ersten vier Semester finden an der Hochschule statt. Danach folgt eine einjährige Berufsausbildung in einem Unternehmen. In den letzten zwei Semestern bereiten sich die Studenten auf den IHK-Abschluss zum Kaufmann bzw. zur Kauffrau für Marketingkommunikation vor und beenden außerdem ihr Bachelor-Studium.

Ein Bachelor- und Master-Programm in Wirtschaftspsychologie bietet die Rheinische Fachhochschule Köln an. Ein besonderes Merkmal des Master-Studienganges ist, dass er vom Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen in die Liste der anerkannten Psychologie-Studiengänge aufgenommen wurde. Das stellt sicher, dass die Ausbildung den Standards dieses Berufsstands genügt und eine spätere Anerkennung der Absolventen als Psychologe möglich ist.

An der International School of Management (ISM) kann man ebenfalls einen Bachelor und einen Master machen, dort nennt sich das Fach allerdings Psychology & Management. Die ISM legt großen Wert auf die Internationalität der Ausbildung, weshalb alle Teilnehmer ein Auslandssemester absolvieren. Bachelor-Studenten können auf Wunsch sogar ein weiteres Semester im Ausland verbringen.

Einen Online-Studiengang bietet die SRH Fernhochschule in Riedlingen an. Der Bachelor kann nach einer Regelstudienzeit von sechs Semestern erworben werden. Interessenten, die noch einen Master machen wollen, werden die Programme Wirtschaftspsychologie und Change Management sowie Wirtschaftspsychologie, Leadership und Management geboten.

Die Nordakademie, die zwei Standorte hat — einer ist ein beeindruckendes Gebäude im Hamburger Hafen —, bietet einen Master-Studiengang an. Während des zweijährigen berufsbegleitenden Studiums wechseln Selbststudium und Präsenzphasen ab. Der Schwerpunkt der Ausbildung liegt auf Human Resources sowie auf Marketing und Marktforschung. Durch das Studium erwirbt man die nötigen wissenschaftlichen, mathematischen, analytischen und diagnostischen Kompetenzen, um auf diesen Berufsfeldern arbeiten zu können.

Die Hochschule Fresenius hat einen Online-Studiengang im Programm. Je nachdem wie energisch man an das Studium herangeht, kann man den Bachelor nach drei oder vier Jahren erwerben. Die Teilnehmer müssen sich für zwei der drei Schwerpunkte Markt-, Werbe- und Medienpsychologie, Personalpsychologie sowie Organisations-psychologie und -beratung entscheiden.

Die Universität Wuppertal lockt als einzige staatliche Hochschule mit einem Fernstudium für angehende Wirtschaftspsychologen — mit dem Weiterbildungsstudiengang Arbeits- und Organisationspsychologie, der nach vier Semestern mit dem Master beendet wird. Ungewöhnlich für eine staatliche Uni ist auch, dass pro Semester 2.650 Euro Gebühren anfallen.

An der Business and Information Technology School (BiTS) in Iserlohn, Hamburg und Berlin kann man Business Psychology studieren. Das vierte Semester des auf sechs Semester angelegten Bachelor-Studiums ist für ein Projektpraktikum reserviert, das im In- oder Ausland stattfindet. Das viersemestrige Master-Studium Business Psychology der BiTS ist den Themen Management of Human Values, Management of Competencies und Management of Change gewidmet.

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