Tipps fürs Leben

Gelassenheit bringt's

Das Leben in der heutigen Leistungsgesellschaft kann ziemlich stressig sein. Es fängt bereits in der Schule an, geht im Studium weiter, und im Beruf wird es sich nochmals steigern. Und dennoch gibt es immer wieder diese Zeitgenossen, denen Druck und Stress nichts anzuhaben scheinen.

 

Jeder kennt einen oder einige von ihnen. Sie sind meist freundlich, ruhig und gelassen, und oft haben sie auch noch eine ordentliche Portion Humor. Stress ist offenbar ein Fremdwort für sie. Auch wenn ihr Schreibtisch voll ist und wichtige Termine anstehen, scheint sie das nicht sonderlich zu beeindrucken. Für ein paar freundliche Worte und ein Lächeln haben sie immer Zeit.

Wie geht das, wie machen die das, wird sich da mancher fragen, der in solchen Situationen nervös, hibbelig und gar nicht locker ist. Und vor allem: Kann man das lernen?

Um es gleich zu sagen: Gleichmut und Gelassenheit sind von Natur aus eher ungleichmäßig unter den Menschen verteilt. Die einen haben viel davon, andere eher wenig. Die gute Botschaft ist jedoch, dass sich auch diejenigen, die nicht von Natur aus damit gesegnet sind, einiges davon aneignen können.

Ein sehr wichtiger Punkt ist die innere Einstellung zum Leben. Fürchtet man sich vor ihm, oder ist man neugierig darauf und möchte man es genießen? Regt man sich wegen jeder Kleinigkeit auf, oder kann man Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden? Manchen gelingt das erst in mittlerem Alter, anderen schon in frühen Jahren.

Unterhält man sich mit den Meistern der Ausgeglichenheit, fällt auf, dass sie nicht „alle Eier in einen Korb“ legen. Für sie gibt es also nicht nur ein wichtiges Interesse, beispielsweise Beruf und Karriere. Schon mit dem Begriff „Karriere“ können sie meist nicht viel anfangen, mit „Zufriedenheit“ umso mehr. Sie sind an vielen Dingen interessiert und sehen das Leben in seiner ganzen Spannbreite.

Das ist auch der Grund, warum ihnen extreme Stimmungsschwankungen von „zu Tode betrübt“ bis „himmelhoch jauchzend“ meist fremd sind. Stattdessen sorgt ihre Geerdetheit dafür, dass sie die Balance halten. Was nicht bedeutet, dass sie sich nicht engagieren können. Allerdings wählen sie die Dinge, für die sie sich einsetzen, sorgfältig aus und bleiben ihnen dann auch meist treu.

Das alles klingt fast schon ein bisschen nach buddhistischer Gelassenheit, vielleicht hat es sogar etwas davon. Doch es ist alles andere als Hexerei. Zumal man es, wie bereits gesagt, lernen kann. Der erste Schritt ist eine positive Grundeinstellung und eine Art Grundvertrauen, auch in sich selbst. Das heißt nicht, dass man alles immer nur in rosaroten Farben sieht und sich nicht auch mal ärgert. Negatives und Ärger ergreifen jedoch niemals so viel Besitz von einem, dass man sich ihnen nicht mehr entwinden kann. Die negative Sicht wandelt sich vielmehr bald wieder in eine positive, und der Ärger, hat man ihn erst einmal rausgelassen, verfliegt schnell wieder. Man hält sich also nicht lange mit negativen Dingen auf.

Ausgeglichenheit hat auch viel damit zu tun, dass man mit sich im Reinen ist. Man sollte also nicht Dinge tun, die man absolut nicht tun möchte. Man sollte auch nicht aus Gefälligkeit oder Angst Meinungen vertreten, die nicht die eigenen sind. Gleichzeitig sollte man Toleranz für die Meinungen der anderen entwickeln, weiß man doch, dass es zu jedem Thema immer mehrere Perspektiven und Standpunkte gibt.

Ausgeglichene Menschen spüren oft auch Dankbarkeit in sich. Sie brauchen nicht einen gewaltigen Lottogewinn oder eine spektakuläre Beförderung, um sich freuen zu können. Stattdessen sind es viele kleine Dinge im Alltag, an denen sie sich erfreuen und die sie oft dankbar werden lassen. Demut ist ihnen nicht fremd, da sie durchaus das viele Leiden sehen, dass es bis heute in der Welt gibt. Es rührt sie, und oft versuchen sie, wenigstens einen kleinen Teil dazu beizutragen, dass sich das ändert. Viele engagieren sich bei sozialen Projekten oder helfen einfach einem notleidenden Nachbarn.

Ausgeglichene Menschen leben also nicht in einer „I-Me-Mine“-Welt. Natürlich haben auch sie ein Ego. Sie empfinden sich jedoch nicht als der Mittelpunkt der Welt, wie man es oft bei erfolgssüchtigen Menschen erlebt. Über Erfolge freuen sie sich, ohne dass jedoch ihr Selbstverständnis davon abhängt. Nicht zuletzt deshalb, weil sie wissen, dass jeder Erfolg relativ ist, und bei weitem nicht alles Gold ist, was glänzt.

Gehört zur Gelassenheit also eine gewisse Abgeklärtheit? Durchaus. Aber nicht in dem Sinne, dass man weltabgewandt, abgehoben oder gar zynisch ist. Gelassene Menschen stehen ganz im Gegenteil mit beiden Beinen auf der Erde — nicht nur mit einem. Gerade das ist es, was ihnen Halt gibt und warum sie nichts so schnell umhaut. Vielleicht lässt es sich auf diesen einfachen Nenner bringen: Je mehr man mit beiden Beinen auf der Erde steht, desto gelassener wird man.

© wisu714/851

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