Man spricht zwar schon von Deglobalisierung. Doch Welthandel und internationales Business wird es immer geben. Man kann es sogar studieren.

Studienreport Global Trade & Global Management

Raus in die Welt

Durch die Pandemie und den Uk­raine-Krieg sind viele bisherige Gewissheiten ins Wanken geraten. So können Krankheiten plötzlich aus dem Nichts auftauchen, wie eine Welle über den ganzen Globus hinwegrollen und in vielen Ländern erhebliches Leid an­richten. Oder dass auf dem europä­ischen Kontinent plötzlich politische Zwistigkeiten wieder per Krieg aus­gefochten werden, obwohl genau das nie wieder in Europa geschehen soll­te. Schließlich ist es eine der Grund- und Gründungsideen des neuen Euro­pas.

Doch was nützen die schönsten Ideen, wenn sich jemand wie Putin nicht da­ran hält und damit viel menschliches Leid auslöst, riesige Schäden verur­sacht und jahrzehntelange erfolgreiche Friedensbemühungen einfach kurzer­hand vom Tisch wischt. Viele haben immer noch nicht verstanden, wie ein solcher Tyrann im 21. Jahrhundert so viel Unheil anrichten kann und damit übergangslos an das imperiale Zeit­alter anknüpft, als man seine Nach­barländer nach Belieben überfiel.

All das hat auch immer wirtschaftli­che Auswirkungen, in diesen Fällen sogar sehr große. Die Pandemie führte überall auf der Welt zu Konjunktur­einbrüchen, die bis heute noch nicht ganz behoben sind. Reiche Staaten wie Deutschland konnten ihrer Be­völkerung durch verschiedene Unter­stützungsmaßnahmen unter die Arme greifen und so die Auswirkungen der Lockdowns abmildern. In armen Län­dern traf es die Menschen hingegen oft mit erheblicher Wucht. Wer ohne­hin schon sehr wenig verdiente, hat­te plötzlich gar nichts mehr.

Wer sich für den globalen Han­del interessiert, wird im Mas­terstudiengang „Managing Global Dynamics“ der Hochschule Würz­burg-Schweinfurt perfekt vorberei­tet. Und keine Sorge: Welthandel wird es immer geben, versichert Prof. Rainer Wehner. Weiter ...

Erschüttert wurde auch der Glaube an die Globalisierung, die in den letz­ten Jahrzehnten immer stärker gewor­den war und beinahe alle Länder der Welt wirtschaftlich mehr oder weniger eng vernetzte. Sie ist eine natürliche Folge der weltweiten Arbeitsteilung und erlaubte es Ländern wie China, viele hundert Millionen Menschen aus der Armut zu befreien.

Indem die Welt miteinander Handel treibt, wird sie zum globalen Dorf. Überall sind dieselben oder ähnliche Produkte erhältlich, auch die Dienst­leistungen passen sich an. Gleich­gültig, ob man in Sydney, Sao Paulo oder Tokio aus dem Flugzeug steigt, überall kann man einen Wagen mie­ten und meist finden sich auch die­selben Hotelketten in der Nähe — um nur diese beiden Beispiele zu nen­nen.

Doch plötzlich gab es Unterbrechun­gen bei den Lieferketten. Der Waren­fluss war oft unterbrochen, weil Hä­fen wegen Lockdowns — vor allem in China — geschlossen wurden. Tau­sende Schiffe konnten nicht abgefer­tigt werden, und die Empfänger der Lieferungen konnten ihre Produkte nicht ausliefern, weil sich Bauteile auf den Schiffen befanden. Der deutschen In­dustrie ist so ein Schaden von 64 Mrd. Euro entstanden, der das BIP 2021 um 1,2 Prozentpunkte reduzierte.

War das Auslagern von Produktionen ins ferne Ausland, bisher fast ein routi­nemäßiger Teil der Globalisierung, viel­leicht doch keine so gute Idee? Nicht wenige Unternehmen kamen zu diesem Ergebnis, womit sie begannen, Pro­duktionen wieder in ihr Heimatland zu­rückzuholen. Reshoring nennt man das. Wobei sie manchmal auch von Asien in Nachbarländer wie Polen oder Un­garn verschoben wurden, jedenfalls in die Nähe.

Deglobalisierung lautet eins der neuen Schlagworte. Wird das Rad zurückgedreht? Vielleicht ein bisschen. Doch Welthandel wird es immer geben. Das meint nicht nur Prof. Martin Keim, der an der Hoch­schule Worms Außenwirtschaft un­terrichtet. Handelsexperten sind al­so immer gefragt. Weiter ...

Damit sprechen viele von „Deglobali­sierung“, die Globalisierung wurde al­so zum Teil zurückgedreht. Und man achtete auch verstärkt darauf, dass man nicht mehr nur bei einem Liefe­ranten einkaufte, sondern nach Mög­lichkeit bei verschiedenen, um sich nicht mehr abhängig zu machen. Bei einfachen, mehr oder weniger stan­dardisierten Teilen ist das meist oh­ne weiteres möglich, bei Spezialan­fertigungen jedoch nicht, da erst ein­mal ein Ersatzlieferant gefunden wer­den muss, der dieselbe Qualität, zu einem ähnlichen Preis, ähnlich schnell und möglichst ebenso zuverlässig liefert.

Von Deglobalisierung wird noch in einem anderen Zusammenhang ge­sprochen. Diesmal geht es um den immer größer werdenden Konflikt zwi­schen den USA und China. Das dik­tatorische China mit seinem Welt­herrschaftsanspruch läuft allem zu­wider, was westliche Gesellschaften ausmacht. Die USA unter ihrem Prä­sidenten Joe Biden haben sich ent­schieden, die Expansionsgelüste Pe­kings nicht länger hinzunehmen. Sie drücken sich auch durch die neue Seidenstraße aus, die sich nicht auf Zentralasien beschränkt, sondern in­zwischen die ganze Welt umspannt. Chinesische Firmen, die unterschied­lichste Projekte verfolgen, findet man überall auf der Welt. Von Süd- und Mittelamerika über Europa und Af­rika bis zu jedem asiatischen Land und weit in den Pazifik hinein.

Die USA, deren Handel nicht so stark von China abhängt, wie dies etwa bei Japan, Südkorea und zum Teil auch bei Deutschland der Fall ist, sprechen bereits von „Decoupling“, also davon, sich von China wirtschaft­lich abzukoppeln. Dasselbe schwebt Peking vor, das zunehmend bemüht ist, sich wirtschaftlich und techno­logisch vom Westen unabhängig zu machen. Was etwa dadurch versucht wird, dass man den Binnenkonsum erhöht und die Märkte der Länder erschließt, die an der Seidenstraße teilnehmen.

Auch die Europäische Union, vor allem Deutschland, ringt damit, einen neue Einstellung zu China zu gewinnen. Hier kommt hinzu, dass man erkannt hat, dass China, ähnlich wie übrigens Russland, die EU zer­setzen und damit politisch schwä­chen will. Die Bundesregierung will dazu Anfang 2023 ein Konzept vor­legen, wonach bei Handelspartnern auch darauf geachtet werden soll, ob sie die Menschenrechte beachten. Geplant ist also eine werteorientierte Handelspolitik. Es soll nicht mehr nur um Profite, sondern auch um Grund­werte gehen. Auch will man die Hö­he der staatlichen Investionsgaranti­en deckeln und die Beihilfevorschrif­ten verschärfen. Die bisherige Naivi­tät ist also weg, nachdem die alte Parole „Wandel durch Handel“ schon zuvor entsorgt wurde. Denn dass sich China durch die Einbindung in den Welthandel zu einer Demokratie ent­wickeln würde, hat sich als nackte Illusion erwiesen.

Gut möglich, dass der Handel mit dem Land dann mehr und mehr zurück­gehen wird. Deutschland, aber auch die anderen westlichen Exportländer werden dann Ersatz in anderen Welt­regionen suchen. Der Handel mit den USA lässt sich sicher noch verstär­ken, auch für ein Unternehmen wie Volkswagen, das dort relativ wenig absetzt. Lateinamerika bietet eben­so Chancen wie andere asiatische Länder, seien es Vietnam, Indonesi­en oder Malaysia. Vor allem Indien muss stärker in den Blick genommen werden. Das Land hat heute ebenso wie China 1,4 Milliarden Einwohner, womit es ebenfalls ein riesiger Markt ist.

Und dann natürlich Afrika, der vor allem von Europa stark vernach­lässigte Kontinent. Anders China, das dort seit vielen Jahren systematisch überall sein Pflöcke einschlägt und da­bei sehr erfolgreich ist. Unzählige In­frastrukturprojekte wurden bereits von den Chinesen durchgezogen, seien es Straßen, Brücken, Krankenhäuser, Ei­senbahnlinien, Kraftwerke, Flughäfen und vieles mehr. Die Bevölkerung Af­rikas wächst schnell und ist heute ebenfalls bei 1,4 Milliarden Menschen angelangt.

Jetzt hat auch die Hochschule Ruhr West ein berufsbegleiten­des MBA-Programm aufgelegt. Es nennt sich „Global Management/HR“ und hat damit einen beson­deren Schwerpunkt. Warum, er­klärt die Studiengangsleiterin Prof. Jutta Lommatzsch. Weiter ...

In anderen Worten: Der Welthandel ist nicht etwa tot. Ein mögliches Decoupling von China wird nur die Richtung der Warenströme verändern. Allerdings müssen neue Regionen erschlossen oder ausgebaut werden, was für die einfallsreiche deutsche Exportindustrie jedoch kein Problem sein sollte.

Wer überlegt, ob er eine Hochschul­ausbildung in Global Trade oder Global Trade Management durchlaufen soll, muss sich also keine Sorgen ma­chen, dass er arbeitslos wird. Welt­handel wird es immer geben, ohne ihn würde die internationale Wirtschaft nicht mehr funktionieren. Dass er sich immer wieder verlagert, „is the name of the game“. Denn geopolitische Ver­änderungen, die oft unmittelbare Aus­wirkungen auf den Handel haben, gab es immer und wird es auch weiterhin geben. Die EU ist darüber hinaus in der komfortablen Situation, dass der Han­del frei durch ihre 27 Mitgliedsländer fließt, was Großbritannien nach dem Brexit zum Teil bereits bitter vermisst.

Wer einen dieser Studiengänge wählt, sollte weltoffen sein und gern in an­dere Länder reisen. Er sollte Interes­se an anderen Kulturen haben, sich also nicht vor anderen Sitten und Gebräuchen ängstigen, sondern neu­gierig auf sie sein. Dieses Studium ist also nichts für Stubenhocker.

Viele dieser Studiengänge umfassen deshalb auch einen Auslandsaufent­halt. Manchmal ist es ein ganzes Se­mester an einer Partnerhochschule, manchmal sogar an zweien. Von dort kommen dann auch oft Studentin­nen und Studenten im Austausch, wo­mit die Lerngruppen oft sehr bunt werden.

Auf diese Weise kann man seine in­terkulturellen Fähigkeiten schulen und verbessern, die unter anderem darin bestehen, leicht und unkompliziert mit fremden Menschen aus der ganzen Welt Kontakt aufnehmen zu können, ihr Vertrauen zu gewinnen und mit ihnen zu arbeiten, ob in Teams oder anderen Settings.

Zum Studium gehören neben einer Aus­bildung in BWL und Außenwirtschaft auch Kenntnisse der Handelsprakti­ken der wichtigsten Handelsnationen und des historischen Hintergrundes, ohne den man andere Länder oft nicht versteht. Und was man über Zölle und andere Bestimmungen wissen muss.

Es gibt auch Studiengänge, die mehr auf das Management von Unterneh­men im Ausland fokussieren, wobei es dann Richtung International Management oder Global Management geht, wie es auch manch­mal genannt wird. Viele Hochschulen haben hier oft ihre eigenen Schwerpunkte, die man meist leicht auf ihren Websites erkunden kann. Oft ist die Unterrichtssprache nur Englisch, manchmal Englisch und Deutsch, seltener nur Deutsch.

Auch wenn sich Wandel durch Han­del in China und Russland als Illusion erwiesen hat, hat der Welthandel ne­ben dem Geschäftlichen noch eine andere wichtige Funktion. Er dient der Völkerverständigung. Die Menschen verschiedener Länder lernen sich bes­ser kennen, oft werden Freundschaf­ten geschlossen, manchmal wird so­gar über Grenzen hinweg geheiratet. Kennengelernt hat man sich im Be­ruf.

Und der hat auch immer eine poli­tische Komponente, wie bereits aus dem Gesagten deutlich wurde. Deshalb sind die meisten, die hier tätig sind, häufig auch politisch inte­ressiert. Nicht selten geschieht es, dass der eine oder die andere nach einem Einsatz im Ausland für immer dort bleibt und sich ein neues Leben aufbaut. Oder vielleicht sogar als Con­sultant für deutsche Unternehmen ar­beitet, die sich im jeweiligen Land nie­derlassen wollen.

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