Das Angebot an Studiengängen ist überwältigend. Es fordert einiges an Recherche, das Passende zu finden. Doch es ist garantiert da.

Studiengänge ohne Ende

So viele Möglichkeiten

Da muss einem ja schwindelig wer­den“, meinte die 18-jährige Mona, als ihr nach einer längeren Recherche plötzlich klar wurde, wie viele Studien­gänge sie nach dem Abitur wählen kann. Da der Papa Unternehmer ist und nach ihrer Ansicht eher zu den verant­wortungsvollen Kapitalisten zählt — obwohl sie als Greta-Fan seinen riesi­gen SUV nicht ausstehen kann und sich weigert, in das Auto einzusteigen —, sah sie keinen Grund, sich bei der Stu­dienwahl nur aus Opposition zu ihrem Vater für Kunstgeschichte oder Ägypto­logie zu entscheiden.

Ökonomen befassen sich selten mit Philosophie. Der Bache­lorstudiengang „Management, Phi­losophy & Economics“ der Frank­furt School of Finance & Manage­ment bereitet auf die Herausforde­rungen der heutigen Welt vor, was Chancen jenseits der Wirtschaft er­öffne, sagt Prof. Sebastian Köhler. Weiter ...

Wirtschaft interessiert sie schon und sie kann sich sogar vorstellen, eines Tages mit ihrem jüngeren Bruder Oli­ver die Firma mit ihren etwa 40 Ange­stellten weiterzuführen. Ihr Vater hat das mit Freude vernommen. Wenn sie ab und zu mal darüber sprachen, wel­ches Studium sie wählen sollte, plä­dierte er immer für BWL. Auch er habe das einst studiert und noch einen „an­ständigen Diplom-Kaufmann“ an sei­ner geliebten Uni „gemacht“, wie er im­mer betont. Womit er offenbar zum Aus­druck bringen will, was er von den heu­tigen Studiengängen hält. Anscheinend nicht allzu viel.

„Mädchen, du brauchst als künftige Unternehmerin ein solides Grundla­genwissen, damit dir keiner was vor­machen kann. Kein Banker, kein An­gestellter, kein wichtigtuerischer Ex­perte. Das haben sie bei mir auch im­mer versucht, doch ich wusste immer, was ich wollte und wo es langging.“

„Papa, Du hast eine IT-Firma, wäre es da nicht gut, wenn ich mir schon früh etwas Ahnung davon besorgen wür­de? Ich könnte Wirtschaftsinformatik studieren, das ist doch so eine Kombi aus BWL und IT.“ Ihr Vater sah sie lan­ge an. „Ich bewundere zwar, wie du in einem Affentempo auf deinem Smart­phone rumdaddelst. Aber Informatik ist ein ganz anderes Kaliber. Außer­dem denke ich, dass dein Bruder in die Richtung gehen will. Dann seid ihr die perfekten Geschäftspartner: Er macht das Technische und du das Kaufmänni­sche. Ist doch super.“

Kein Geld mehr fürs Vollzeitstu­dium? Doch statt wegen der ho­hen Mieten und der rapide gestie­genen Lebenshaltungskosten die Flinte ins Korn zu werfen, sollte man sich ansehen, was die FOM Hoch­schule, die in allein in Deutsch­land in 35 Städten präsent ist, an­bietet. Kanzler Harald Beschorner erklärt es. Weiter ...

„Du glaubst also, ich bin zu blöd für IT, weil ich eine Frau bin.“ „Nein, natürlich nicht, ich halte dich sogar für sehr cle­ver. Deswegen wirst du auch eine tolle Geschäftsfrau. Keine Frage.“

„Vielleicht hast du ja recht, und zu viel Technik ist doch nichts für mich. Ich habe mal in eines der IT-Bücher rein­geschaut, die bei Oliver immer rumlie­gen. Fand’ ich ganz schön heavy.“ „Siehst du, dann sind wir ja einer Mei­nung.“

Dennoch überlegt Mona, ob sie BWL nicht mit einer bestimmten Ausrich­tung studieren sollte, vielleicht mit Fi­nance oder Human Resources. Vorerst vertagt sie die Entscheidung. Erst ein­mal ist das Abi angesagt.

Ähnliche Gespräche gibt es in vielen Familien, auch wenn es nicht darum geht, eine elterliche Firma zu überneh­men. Und oft werden die Eltern um Rat gebeten, die jedoch meist nur aus ih­rer alten Hochschulwelt, also vor Bo­logna, berichten können, weil sie die neue nicht erlebt haben.

Mobil zu studieren ist dank moderner Technik kein ferner Traum. Die SRH Mobility University hat sich dieser Art des Studiums schon vor Jahren verschrieben. Heute bietet sie 23 Bachelor- und 23 Masterstudiengänge auf elf Themenfeldern sowie sechs MBA-Ausbildungen. Eine Weiterempfehlungsquote von 97 Prozent ist für Rektor Prof. Ottmar Schneck der beste Beweis, dass man mit dem Studienangebot genau richtig liegt. Weiter ...

Dann gibt es natürlich Gespräche mit Freunden und Freundinnen sowie Tipps und Warnungen wie: „Was, das willst du studieren? Damit kannst Du doch später überhaupt nichts anfangen, au­ßer Stütze zu beantragen.“ Und einige überlegen inzwischen sogar, welche Berufe dank KI vom Aussterben be­droht sein könnten. Journalisten? Pro­grammierer? Drehbuchautoren? Über­setzer? Oder TV-Moderatoren, nach­dem in Kuwait inzwischen ein weibli­cher Roboter die News vorliest.

An der Hochschule Albstadt-Sig­maringen wird Praxisorientie­rung großgeschrieben. Auch beim neuen Masterstudiengang „Digital Business and Management“ versi­chert Dekan Prof. Hubert Kempter. Man lernt nach dem „viermitacht Modell“: jedes Semester vier Wo­chen in intensiver Präsenz und acht Wochen digital. Damit lässt sich das Studium flexibel mit anderen Tätigkeiten verbinden. Weiter ...

„In Amerika hat jetzt ein Anwalt seine Schriftsätze für das Gericht von einer KI schreiben lassen“, meinte ein gut in­formierter 18-Jähriger. Der Richter ha­be das aber gar nicht toll gefunden, weil die KI Urteile zitierte, die es gar nicht gibt. „Na siehst du“, meinte sein Freund, „so schnell sind wir Menschen doch nicht zu ersetzen.“ „Warte erst mal ab, bis die KI so richtig toll wird, dann steckt sie uns alle in die Tasche.“ Worauf eine heftige Diskussion ent­brannte, was KI eines Tages alles könne oder nicht. Bis einer meinte, vielleicht wäre es das Beste, einfach KI zu studieren, dann wäre man doch immer vorn mit dabei.

Studiengänge zu künstlicher Intelli­genz sind nichts Neues. Es gibt schon länger IT-Studiengänge, die auf ma­schinelles Lernen, Robotik und ähn­liche Themen fokussieren. Doch si­cherlich werden nach der Blitzkarri­ere der generativen KI in Form von ChatGPT und GPT-4 bereits Studi­engänge in Vorbereitung sein, die sich speziell mit diesem Thema be­fassen. Die Hochschule Karlsruhe preschte bereits mit einem neuen Bachelorstudiengang zur „angewand­ten KI“ vor.

So wie es überhaupt ein Merkmal vie­ler Studiengänge seit Bologna ist, dass sie auf neue Entwicklungen ein­gehen. Wurde früher IT oft mit ver­schiedenen Fachgebieten verbunden, findet man heute — nachdem der Begriff „Digitalisierung“ kaum noch wo wegzudenken ist — viele Studien­gänge, bei denen der Zusatz „digi­tal“ in deren Bezeichnung mit auf­taucht. Oft hat man auch den Ein­druck, die gute alte Wirtschaftsin­formatik sei ein aussterbender Be­griff. Vielleicht klingt er tatsächlich et­was altmodisch.

Risiken, wohin man schaut. Wer den Masterstudiengang Risikomanagement der Hochschule Mag­deburg-Stendal durchläuft, wird ih­nen gelassener begegnen, meint Dr. Jürgen Bennies, der ihn leitet. Weiter ...

Tatsache ist jedoch, dass sich das Digitale bereits in viele Lebensbe­reiche eingeschlichen hat, womit es auch in vielen Wissenschaftsberei­chen und Fachbereichen der Hoch­schulen auftaucht. Dabei geht es je­doch nicht nur um Gebiete wie Medi­zin, Pharmazie, Biologie oder Inge­nieurwesen, sondern auch um nahe­zu alle betrieblichen Funktionen, von der Logistik über das Marketing bis zum Rechnungswesen und zu Hu­man Resources.

Ein Lehrstuhl an der Uni Nürnberg befasst sich bereits mit KI und Steu­ern und nennt es Tax Technology. Genauer gesagt geht es insbesonde­re um ChatGPT und das Steuerrecht. Man darf gespannt sein, wie sich die KI hier auswirken wird. Wird sie viel­leicht für gerechtere Steuern sorgen oder den Steuerdschungel abholzen? Das brächte ihr sicher sehr viel Ap­plaus ein.

Die Digitalisierung in all ihren Formen ist also längst dabei, unser Leben zu verändern, was auch Auswirkungen auf die Studienangebote hat. Was al­les auf uns zukommt, konnte man kürzlich lesen, als es hieß, die KI las­se Manager schlecht schlafen, da sich viele von ihnen fragen, ob ihr Ge­schäft und vielleicht ihre Position be­droht sind. Welchen Einfluss wird das auf das Management generell haben? Wird KI vielleicht sogar eines Tages teilweise die Leitung von Unternehmen übernehmen? Die Planung, die Wer­bung, die Organisation, die Strategie? Gut möglich, dass sie Risiken viel bes­ser einschätzen kann.

Arbeiten Controlling und Management gut im Unternehmen zusammen, ist damit schon mal ei­ne wichtige Voraussetzung für den Unternehmenserfolg gelegt. An der Hochschule Merseburg kann man beides studieren, was später vie­le Berufswege ermöglicht, meint Prof. Anja Haertlein, die den Stu­diengang „Controlling und Management“ betreut. Weiter ...

Momentan klingt das alles noch nach Science Fiction. Doch vielleicht tut man gut daran, sich auf Überraschun­gen vorzubereiten, auf angenehme und eher unangenehme. Doch wie will man sich auf diese Art von technologischem Hurricane vorbereiten? Die KI wird da­für sorgen, dass uns noch aufregende Zeiten bevorstehen. Schon jetzt gibt es fast täglich Nachrichten zu neuen Anwendungen, also dazu, was sie noch alles kann.

Vielleicht ist das auch die Zeit, sich mit etwas Philosophie zu entspannen und sich über Grundsätzliches Gedanken zu machen. Es ist gewissermaßen die heilende Kraft der Philosophie, dass sie einen aus der Alltagshektik heraus­führt, weil sie einen in ganz andere Di­mensionen mitnimmt. An der Frankfurt School of Finance and Management gibt es den Bachelorstudiengang „Ma­nagement, Philosophy and Econo­mics“, der geeignet ist, einem — zu­mindest im Bereich Wirtschaft — neue Gedanken zu vermitteln (s. das Inter­view oben). Auch Ethics, selbst in der etwas eingeschränkten Form der Busi­ness Ethics, ist eine gute Gelegenheit, sich mit Grundsätzlichem zu befas­sen. Zumal wir in Zeiten leben, in de­nen durch die Pandemie, den Ukraine-Krieg, den Klimawandel und jetzt auch noch durch KI viele Fragen aufgewor­fen werden, mit denen man sich in den Jahren zuvor weniger beschäftigt hat.

Auch in der Immobilienbranche geht es um jede Menge Daten, die analysiert, geordnet und ver­waltet werden müssen. Also freie Bahn für die Digitalisierung. Ein neuer Studiengang der EBZ Busi­ness School in Bochum und Ham­burg trägt dem Rechnung. Studiert werden kann in Vollzeit, berufsbe­gleitend oder im Fernstudium, er­klärt Heiko Gsell, der die Aereon Stiftungsprofessur innehat. Weiter ...

Einen recht vielversprechend klingen­den Studiengang hält da beispielswei­se die TU Dresden bereit. Er nennt sich „Business Ethics und Responsible Ma­nagement“. Und er spricht einen mit „welche Verantwortung tragen Sie als Managerin und Manager für welche Themen und warum?“ direkt an. Eine gute Frage, die sich schon jüngere BWLer stellen sollten. Überhaupt ist es eine gute Entwicklung, dass in den letzten Jahren eine Reihe von Ethik-Studiengängen aufgelegt wurden. Ei­ne Folge der vielen Krisen, die die Wirtschaft seit der Jahrtausendwen­de erfahren hat. Vielleicht erinnert sich noch jemand: Pünktlich zu die­sem historischen Datum brach in den USA die Dotcom-Krise aus, die zu Abstürzen an den weltweiten Börsen führte. Richtig wild wurde es dann mit der weltweiten Finanz- und Wirt­schaftskrise 2008/09, die die Welt an den Rand eines Meltdown der Fi­nanzmärkte brachte. Sehr gute und lehrreiche Themen für Ethik-Studien­gänge, vor allem wenn sie sich wie der genannte mit der Verantwortlich­keit von Managern befassen.

Eine äußerst interessante Kombinati­on versprechen auch Wirtschaft und Politikwissenschaft. An der Uni Pots­dam kann man sich damit in einem Bachelorstudiengang befassen. Pas­send zum eben Gesagten geht man hier unter anderem der Frage nach: Was sind die Ursachen und Folgen von Wirtschafts- und Finanzkrisen? Oder: Welches Ausmaß hat die Ab­hängigkeit der Politik von der Ökono­mie? Themen, die in „normalen“ wirt­schaftlichen Studiengängen selten oder gar nicht angesprochen werden.

Nachdem die politischen Auseinan­dersetzungen zwischen dem Westen und Russland sowie China immer stärker werden, rückt auch das The­ma Geopolitik immer mehr in den Mittelpunkt. Es könnte, mitsamt sei­nen wirtschaftlichen Auswirkungen, die nächsten Jahre, vielleicht sogar die nächsten Jahrzehnte bestimmen. Studiengänge dazu gibt es — soweit ersichtlich — noch nicht. Doch sicher wird das Thema in politikwissen­schaftlichen Studiengängen aufge­griffen. Für Wirtschaftswissenschaft­ler ist es inzwischen sogar von extre­mem Interesse.

An der Brandenburgischen Tech­nischen Universität Cottbus-Senftenberg hat man eine weitere Vorstellung von Wirtschaftsrecht als üblich. Prof. Eike Albrecht, der den weiterbildenden Master­studiengang „Wirtschaftsrecht für Technologieunternehmen“ leitet, er­klärt warum. Die Teilnehmer schlie­ßen mit dem Master of Business Law (M.B.L.) ab. Weiter ...

Das Gleiche gilt für das Thema Nachhaltigkeit. Hier gibt es mittlerweile kaum noch Hochschulen, die es nicht in der einen oder anderen Form im Angebot haben oder zumin­dest entsprechende Studiengänge planen. Wie die Digitalisierung durchdringt es inzwischen die gesamte Gesell­schaft und damit die Wirtschaft. Niemand kann sich ihm mehr entzie­hen. Unternehmen und andere Orga­nisationen nicht, aber auch nicht der einzelne Bürger. Viele haben gelernt, auf ihren CO2-Abdruck zu achten und nehmen das inzwischen auch ernst. Und ebenso wie die Digitalisierung durchdringt es inzwischen unzählige Fachbereiche. Betriebs- und auch Volkswirtschaft kann man heute oh­ne ständigen Blick auf die Nachhal­tigkeit gar nicht mehr studieren. Für die junge Generation ist sie bereits zu einem Alltagsthema geworden, ist sie doch von den Folgen des Klimawan­dels und der Zerstörung der Umwelt ganz besonders betroffen. Aber auch bei Älteren ist die Botschaft ange­kommen, dass es ohne Nachhaltig­keit nicht mehr geht.

Wer BWL oder ein verwandtes Fach studieren will, sollte also darauf ach­ten, dass dieses Riesenthema im Cur­riculum vertreten ist. Manager, die sich nicht darum kümmern, werden keine Zukunft haben. Längst achtet auch die Öffentlichkeit darauf, wie es die Unternehmen mit der Nachhaltig­keit halten. Ausreden werden nicht akzeptiert. Denn niemand hat das Recht, den Planeten zu zerstören.

Überall wird die Digitalisierung vorangetrieben. Dafür werden Fachleute benötigt, die Lösungen anbieten und die Vorhaben umset­zen können. Genau das lernt man beim Bachelorstudiengang „Digi­tal Management Solutions“ der TH Ostwestfalen-Lippe, versichert Prof. Lukasz Wisniewski. Und er verspricht beste Berufschancen. Weiter ...

Zurück zu Mona, die sich bald ent­scheiden muss, was sie studieren will. Darauf angesprochen, wie wichtig ihr das Thema Nachhaltigkeit in ihrem Studium sein wird, sagt sie nur ein Wort: sehr. Auf die Frage, ob sie sich vorstellen könne, ihre Firma eines Tages umzukrempeln, sollte das aus Nachhaltigkeitsgründen nötig wer­den, lacht sie. „Da sind mein Bruder und ich schon länger hinter unserem Vater her. Schon mal was von Green IT gehört? Glücklicherweise hat er unsere Argumente angenommen und schon viel in seiner Firma verändert. Nur den SUV können wir ihm einfach nicht ausreden.“

Entscheidungen für ein bestimmtes Studium sind Entscheidungen, die ein Leben lang nachwirken. Deshalb sollte man sie sehr, sehr bewusst tref­fen. Dazu sollte man sich Zeit lassen. Einfach nur den Freunden und Freun­dinnen hinterherlaufen gilt nicht. Denn jetzt sind eigene Entscheidungen und Eigenverantwortlichkeit gefragt.

Die deutschen Hochschulen halten un­zählige Angebote bereit. Man muss sie nur annehmen. Noch keine Gene­ration hatte so viele Möglichkeiten, ein Studium zu wählen, das den eige­nen Interessen und Vorlieben gerecht wird. Und natürlich soll es auch Spaß machen.

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